Zazen

Zazen ist japanisch und bedeutet wörtlich übersetzt etwa „Sitzen in Versenkung“.
Es ist die wichtigste formale Zen-Übung.

Kurzfassung

  1. Setz‘ dich an einem ruhigen Ort hin, so dass die Beine fest aufliegen und Rücken, Hals und Kopf gerade und aufrecht sind.
  2. Lege die Hände zusammen im Schoß.
  3. Senke deinen Blick, so dass die Augen halb geschlossen sind.
  4. Mache ein paar tiefe Atemzüge und spüre deinen Atem.
  5. Zähle deine Atemzüge beim Ausatmen von eins bis zehn, dann beginne wieder von vorne.
  6. Verweile in dieser Haltung für eine festgelegte Zeit. Beginne mit 3-5 Minuten und dehne die Dauer der Übung allmählich auf ungefähr 25 Minuten aus.
  7. Wenn die Übungszeit vorbei ist, bewege dich langsam, steh‘ langsam auf und beende die Übung.

Ausführlichere Beschreibung

(kann als PDF Datei hier heruntergeladen werden)

Für Zazen sind drei Aspekte wichtig:

  • Aufmerksamkeit auf den Körper
  • Aufmerksamkeit auf die Atmung
  • Aufmerksamkeit auf den Geist

Alle wirken zusammen und beeinflussen sich gegenseitig.

Aufmerksamkeit auf den Körper

Für Zazen ist es wichtig, eine Haltung einzunehmen, die
– es ermöglicht, eine Zeitlang unbeweglich zu sitzen und den Körper zur Ruhe kommen zu lassen,
– den Atem unbehindert fließen zu lassen, und
– Wachheit und Aufmerksamkeit fördert.

Dazu muss eine Stellung gewählt werden, die
– stabil und nicht zu unbequem ist,
– den Unterbauch leicht nach vorne drückt und ihn nicht einengt, und
– aufrecht und bewusst ist.

Die klassische Haltung für Zazen ist der volle oder halbe Lotussitz auf einem Kissen. Statt eines Kissens kann auch eine zusammengelegte Decke oder ein Sitzbänkchen verwendet werden. Wichtig ist, dass dein Gesäß auf der Unterlage erhöht ist, so dass dein Unterbauch beim Atmen nicht eingeengt wird.

Für den vollen Lotussitz legst du den rechten Fuß auf den linken Oberschenkel und den linken Fuß auf den rechten Oberschenkel. Diese Haltung ist für die meisten Menschen schwer einzunehmen, insbesondere für längere Zeit. Etwas einfacher ist der halbe Lotussitz. Dafür legst du den rechten Unterschenkel auf den Boden und den linken Fuß auf den rechten Oberschenkel (oder umgekehrt). Auch diese Haltung ist für viele schwierig.

Noch etwas einfacher ist der Viertel-Lotussitz. Er wird ausgeführt wie der halbe Lotussitz, aber der Fuß wird nur auf den jeweiligen Unterschenkel gelegt.

Beim burmesischen Sitz legst du den rechten Unterschenkel vor dich auf den Boden und den linken Schenkel davor.

Beim Fersensitz (Seiza) kniest du dich auf den Boden, legst das Kissen zwischen deine Schenkel und setzt dich darauf. Auch das ist für viele eine günstige Haltung.

Ist dir auch das unmöglich, kannst du auch auf einem Stuhl sitzen.

Egal welche Stellung du wählst, wichtig ist,
– dass deine Knie und Beine festen Halt haben (wenn du nicht auf einem Stuhl sitzt, sollten deine Knie aufliegen, wenn nötig, kannst du kleine Kissen unter deine Knie legen),
– dass dein Unterbauch leicht nach vorne gedrückt ist, um eine freie Bauchatmung zu ermöglichen, und
– dass du aufrecht, gerade und stabil sitzt.

Haltung von Armen und Händen

Hier gibt es zwei Möglichkeiten.

1. Schließe die rechte Faust um den Daumen der linken Hand und lege die Finger der rechten Hand auf den Handrücken der rechten Hand. Laß‘ die Arme locker runterfallen und lege die Hände in den Schoß.

2. Halte die rechte Hand mit der Handfläche nach oben und lege die linke Hand mit der Handfläche nach oben in die Rechte. Laß‘ die Spitzen der beiden Daumen sich leicht berühren, so dass deine Finger und die Daumen ein Oval bilden. Halte die Hände so, dass deine Daumen in Höhe des Bauchnabels sind, und die Kanten deiner Hände leicht gegen deinen Unterbauch drücken.

Augen

Sind die Augen geschlossen, besteht die Gefahr, dass du dich in Bilder, Phantasien, Gedanken und Träume verlierst. Siehst du dich dagegen um, wendest du dich der Außenwelt zu und verlierst die Wahrnehmung deiner selbst. Es wird daher empfohlen, den Blick zu senken, wenn du auf dem Boden sitzt, auf einen Punkt etwa 1,5 m vor dir, ohne etwas bestimmtes zu fixieren.

Aufmerksamkeit auf die Atmung

Es geht beim Zazen nicht darum, die Atmung willentlich zu verändern. Versuche, den Atem frei und natürlich werden zu lassen. Es kann helfen, am Beginn der Übung ein paar Mal tief und leise auszuatmen. Wichtig ist, dass der Atem frei fließen kann und der Unterbauch nicht eingeengt ist. Beginne die Übung damit, dass du dir den Fluss deines Atems bewusst machst, so wie er ist, ohne ihn beeinflussen zu wollen. Wiederhole das für einige Atemzüge.

Aufmerksamkeit auf den Geist

Hast du die richtige Haltung eingenommen und dir deinen Atem bewusst gemacht, richte deine Aufmerksamkeit auf deinen Geist.

Was auch immer in deinem Geist erscheint, seien es Gedanken, Sinneseindrücke, Gefühle, Erinnerungen: sei dir dessen bewusst, nimm es einfach nur wahr, ohne etwas damit zu machen. Versuche es nicht zu analysieren. Folge nicht Gedanken, auch wenn sie interessant und angenehm, versuche nicht, sie los zu werden, wenn sie unangenehm sind. Das ist, was als „Denke weder gut noch böse“ bezeichnet wird. Suche keinen besonderen Zustand, sondern bleibe nur im Gewahrsein.

Obwohl diese Anweisung einfach scheinen mag, ist es für die meisten sehr schwer, ihr zu folgen. Wir folgen interessanten Gedanken meist reflexartig, genauso wie wir meist reflexartig versuchen, unangenehme Gedanken wegzuschieben. Da wir uns unserer Gedanken normalerweise kaum bewusst sind, tauchen diese Reaktionen meist unbewusst und automatisch auf, und ehe wir es wahrnehmen, verlieren wir uns in unseren Gedanken und Tagträumen. Daher ist (nicht nur am Anfang) hilfreich, eine Übung zu betreiben, die hilft, dir deiner Gedanken bewusst zu werden. Eine sehr gute Übung dafür ist Atemzählen (japanisch: Susokkan).

Atemzählen

Zähle deine Atemzüge beim Ausatmen. Es nicht notwendig, den Atem zu verändern, ihn länger, ruhiger, tiefer zu machen. Lass‘ den Atem so, wie er ist.

Beim ersten Mal Ausatmen rezitiere innerlich:
„Eins“
Beim zweiten Ausatmen:
„Zwei“
usw. bis
„Zehn“

Dann fängst du wieder bei „Eins“ an. Richte bei jedem Atemzug deine Aufmerksamkeit ganz auf das Zählen. Tauchen Gedanken auf, nimm sie kurz wahr, aber folge ihnen nicht, sondern richte die Aufmerksamkeit zurück auf das Zählen. Wenn du feststellst, dass du das Zählen vergessen hast, oder zu weit gezählt hast, nimm das einfach nur wahr und fange wieder bei „Eins“ an.

Bewerte nicht deine Erfolge und vor allem nicht deine Mißerfolge. Kehre einfach beharrlich immer wieder zum Zählen zurück.

Atemzählen ist aus zwei Gründen eine sehr gute Übung:

1. Die Ausrichtung auf das Zählen gibt deinem Geist eine Stütze, so dass du dich nicht so leicht in Gedankenketten und Träumen verlierst.

2. Jedesmal, wenn du feststellst, dass du nicht mehr beim Zählen bist, musst du eine gewisse Willensanstrengung machen, den Gedanken, mit dem du dich gerade beschäftigst, loszulassen, und wieder zum Zählen zurück zu kehren. Insofern ist Atemzählen auch eine gute Übung, Anhaftungen zumindest zeitweise loszulassen.

Die Übung beenden

Beende die Übung nicht abrupt. Mach‘ dir deinen Geisteszustand noch einmal bewusst, dann bewege dich langsam und stehe langsam auf. Versuche, etwas von deiner Konzentration und Aufmerksamkeit auch nach der Übung beizubehalten.

Zeit und Dauer

Es hilft sehr, sich anzugewöhnen, immer zur gleichen Zeit zu üben. Die Dauer ist dabei erst mal nicht so wichtig. Viel wichtiger, als lange zu sitzen, ist es, regelmäßig zu sitzen. Fang‘ mit 5 Minuten an, und dehne die Zeit allmählich aus, bist du 25 Minuten sitzen kannst. Für das Messen der Zeit kannst du einen Wecker, einen Tee-Timer, ein Handy oder ähnliches verwenden.

Morgens direkt nach dem Aufstehen oder Abends vor dem Zubettgehen sind gute Zeitpunkte.